Weihnachten steht vor der Tür, das Fest der Liebe schlechthin – oder? „All you need is love“ – sagt ein wohlbekanntes Lied der Beatles vom Juli 1967, geschrieben von John Lennon. Wer keine Liebe erfährt oder wem sie über längere Zeit entzogen wurde, wird zum seelischen Krüppel, und nimmt körperlichen Schaden. Wir Menschen brauchen, ja wir leben von und für die Liebe.
„Jeder, der liebt, ist von Gott geboren und kennt Gott. Wer nicht liebt, kennt Gott nicht, denn Gott ist Liebe.“ heißt es im ersten Brief des Johannes. – Liebe/Lieben ist – nun vielleicht zuerst einmal ein Zustand, der uns in eine gewisse Glückseligkeit eintauchen lässt. Ein Zustand der Geborgenheit, des Vertrauens, der Sicherheit und Schutz vermittelt. Und sie schlägt ein, sehr plötzlich manchmal und mit voller Wucht.
Da ist es auf einmal, dieses Gefühl des Gefallens, der Zuneigung, der Schmetterlinge im Bauch. – Doch das ist meist noch nicht die wirkliche Liebe, denn diese braucht Zeit, Prüfung, und sie muss wachsen. Oft haben wir von Liebe eine sehr romantische Vorstellung. Das wundert nicht, denn in den Texten von Liedermachern und Schriftstellern, in Filmen, Romanen und Theaterstücken wird die Liebe fast durchwegs verklärt und als das höchste aller Gefühle dargestellt. Alles scheint sich nur ums Glück und Wohlergehen, die Schmetterlinge im Bauch und die innige Zuneigung zu drehen. Die Welt wird durch die rosa Brille gesehen, Alles ist Eitel, Wonne und Sonnenschein. „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute“, heißt es dann am Ende der Märchen.
Doch diese sehr einfältige Sicht auf die Liebe, die besser als Verliebtsein zu bezeichnen wäre, währt meist nur kurz. Dann kommt die Routine und der Alltag mit all seinen Problemen und Herausforderungen. Hier gilt es nun an dem Projekt Liebe zu arbeiten, ihm immer wieder neue Impulse zu geben, denn Liebe muss gepflegt werden.
Die Liebe ist ein lebendiges Ding. Sie wächst, wenn sie die richtige Nahrung bekommt. Allerdings kann Liebe auch schmerzvoll sein. Etwa wenn sie die Brücke über schwierige Situationen des Lebens ist. Dabei darf man ihre Tragfähigkeit jedoch weder unter – noch überschätzen. Denn sie ist zart wie ein Falter im Wind. Und wie schon gesagt, sie muss gepflegt werden, denn oft ist Liebe wie ein zartes Pflänzchen, den ein rauer Windstoß das Leben kosten könnte. Bleibt diese Pflege aus, so verkehrt sie sich ins Negative. Denn wenn die eigenen Wünsche über längere Zeit nicht mehr erfüllt werden, die Anerkennung , die Zärtlichkeit, das Verständnis, usw. fehlen oder vorenthalten werden, kann sich Liebe in Enttäuschung, Gleichgültigkeit und auch Hass verwandeln.
Es heißt auch: „Wer sich selbst nicht liebt, kann auch kein Liebe weiter geben.“ Nur wenn wir mit uns selbst im Reinen sind, uns selbst annehmen, so wie wir sind, können wir Liebe weiter schenken. Denn nur dann ist der nötige Respekt und Einsicht vorhanden, die mancher Situation die Spitze nimmt und sie erträglich macht. Und so lehrt Papst Franziskus: „Wahre Liebe ist Liebe und sich selbst lieben zu lassen…. was in der Liebe wichtig ist, ist nicht unsere Liebe, sondern sich von Gott lieben zu lassen.“ Für ihn ist der Schlüssel zur Liebe „….nicht unsere Tätigkeit. Es ist die Aktivität der größten und der Quelle aller Kräfte im Universum: der Gottes.“
„Mit der Liebe ist es auch wie mit den Kleidern. Beide brauchen ein wenig Spielraum, sonst fühlt man sich eingeengt.“ – sagt eine Sprichwort. Die Liebe lebt vom Geben, und dann und wann auch von ein wenig Nehmen, wobei die Betonung ganz klar auf „wenig“ fällt! Denn echte Liebe ist immer selbstlos, sie ist niemals an eine Rückforderung gebunden. Gegengeschäfte sind ihre Sache nicht. Sie äußert sich durch selbstverständliche Gesten und Taten, die nicht hinterfragt werden – und eine ehrliche Herzlichkeit und einen Frohsinn. Wer sie einmal mit voller Wucht erfahren hat, kann sich ihrer Macht niemals mehr wirklich entziehen.
Wir Christen glauben, dass die Liebe zu Gott mit ganzem Herzen, Verstand und Kraft und die Liebe zum Nächsten wie zu sich selbst die beiden wichtigsten Gebote im Leben sind. Der heilige Augustinus fasste dies zusammen, als er schrieb: „Liebe Gott und tu, was du willst.“ Der Apostel Paulus verherrlichte die Liebe als die wichtigste Tugend von allen. In der berühmten poetischen Interpretation in 1. Korinther schrieb er: „Liebe ist geduldig, Liebe ist gütig. Sie beneidet nicht, sie prahlt nicht, sie ist nicht stolz. Es ist nicht unhöflich, es ist nicht selbstsüchtig, es ist nicht leicht verärgert, es hält keine Aufzeichnungen über Unrecht. Die Liebe erfreut sich nicht am Bösen, sondern freut sich an der Wahrheit. Sie beschützt immer, vertraut immer, hofft immer und hält immer durch.“ (1 Kor 13,4–7) Das die Liebe schon immer die Menschen beschäftigt hat, zeigt sich auch in der Bibel, denn sie verweist auf über 400 Stellen auf die Liebe.
Liebe ist nicht nur auf uns Menschen bezogen. Wie viele Verhaltensforscher schon seit langem in ihren wissenschaftlichen Arbeiten erkennen konnten, spielt Liebe auch unter Tieren eine Rolle. Sie ist ein Geschenk Gottes an diese Welt, und wir sind eingeladen, sie zu entdecken, anzunehmen und weiter zu schenken. Die kann der Beginn einer wundervollen und mit nichts zu vergleichenden Beziehung sein.
Wer die echte Liebe erreicht hat schenkt Achtung und Aufmerksamkeit, hat Geduld, und wird sich an seinem geliebten Gegenüber erfreuen. Das gilt auch ganz besonders für unsere Beziehung zu Gott. Auch diese Liebe gehört, wie jede Beziehung, gepflegt und entwickelt. Auch sie hat ihre wohligen und ihre herausfordernden Abschnitte. Doch nur wer sie nie wirklich kennen gelernt hat, wird sie nie vermissen.
Vierter Adventssonntag: Weihnachten steht vor der Tür – DAS Fest der Liebe ist ganz nah – und damit auch wieder der Anruf Gottes – ich will mit Euch sein, ich will unter Euch sein. Eine Einladung an ALLE! Wer immer sie annimmt, wird merken, wie die Welt plötzlich ein freundliches, – ja, liebendes und vertrauenswürdiges Gesicht erhält. Ein Gesicht der Liebe, dem wir uns unbedingt öffnen sollten.