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Schale, nicht Kanal

Wenn du vernünftig bist, erweise dich als Schale

und nicht als Kanal, der fast gleichzeitig empfängt

und weitergibt, während jene wartet, bis sie erfüllt ist.

Auf diese Weise gibt sie das, was bei ihr überfließt,

ohne eigenen Schaden weiter, denn sie weiß, dass der

verflucht ist, der seinen Teil verringert…

Wir haben heutzutage viele Kanäle in der Kirche,

aber sehr wenige Schalen. Diejenigen, durch die uns

die himmlischen Ströme zufließen, haben eine so große

Liebe, dass sie lieber ausgießen wollen, als dass ihnen

eingegossen wird, dass sie lieber sprechen als hören,

dass sie bereit sind zu lehren, was sie nicht gelernt haben,

und sich als Vorsteher über die anderen aufspielen,

während sie sich selbst nicht regieren können…

Lerne auch du, nur aus der Fülle auszugießen, und habe

nicht den Wunsch, freigebiger als Gott zu sein.

Die Schale ahmt die Quelle nach. Erst wenn sie mit Wasser

gesättigt ist, strömt sie zum Fluss, wird sie zur See.

Die Schale schämt sich nicht, nicht überströmender zu sein

als die Quelle…

Du tue das Gleiche! Zuerst anfüllen und dann ausgießen.

Die gütige und kluge Liebe ist gewohnt überzuströmen,

nicht auszuströmen…

Ich möchte nicht reich werden, wenn du dabei leer wirst. Wenn du nämlich mit dir selber schlecht umgehst, wem bist du dann gut? Wenn du kannst, hilf mir aus deiner Fülle; wenn nicht, schone dich.

Bernhard v. Clairvaux (1090 – 1153)

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