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Neid_1

Die Flüchtlingskrise und das Asylfrage machen diese Thema so brisant wie schon lange nicht. Verfolgt man die offene und versteckte Hetze in den Medien und sozialen Netzwerken, so wird einem nicht selten angst und bang – aber nicht wegen der vermeintlichen Flüchtlingszahlen. Vielmehr sind es die Schauergeschichten und Horrormeldungen, welche von den Medien eifrig geschürt werden – als hätten sie eine Freude daran, wenn endlich die Massen entfesselt werden. Zeitweise grenzt es fast schon ans Kriminelle, wie hier unbedacht und rücksichtslos emotional gezündelt wird. Der Neid spielt dabei in unserer mehr oder weniger Wohlstandsgesellschaft eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Neid, das ist vielleicht die entscheidende Todsünde des Unbehagens über das Glück des Nächsten und somit Quelle und Wurzel des Hasses, der Intrige und der Verleumdung. Der Neid zerfrißt dein Herz. – „Neid und Ärger verkürzen das Leben, Kummer macht vorzeitig alt“ (Sir 30,24) – „Doch durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt, und ihn erfahren alle, die ihm angehören.“ (Weish 2,24)

Hier gibt es interessante Parallelen in anderen Religionen, z. B. Steht im Qur’an (Koran) dazu: „Sag: Ich suche Zuflucht beim Herrn des Morgengrauens … und vor dem Übel eines Neiders, wenn er neidet.“ (Al-Falaq 113:1,5) – „Der Neid isst die guten Taten auf.“ (Ibn Maadschah, Duhd: 22)

Vordergründig neidet man anderen das höhere Gehalt, das exklusivere Auto, die größere Wohnung – und nun auch die mögliche Grundversorgung und das Recht auf Asyl. In Wahrheit sind es innere Werte, die persönlich unzufrieden machen. Neider gehen davon aus, dass Leute mit anderen Jobs, schickeren Autos und größeren Wohnungen auch zufriedener leben müssten als man selbst. Doch wenn jemand täglich 14 und mehr Stunden im Büro arbeitet, um Karriere zu machen, haben Freunde und Familie häufig das Nachsehen. Und wer ein hohes Darlehen aufnimmt, um sich einen repräsentativen Wohnsitz leisten zu können, muss seinen Konsum an anderer Stelle einschränken. Welche unglaublichen Strapazen und lebensgefährlichen Situationen sich die Flüchtlinge aussetzen – oder überhaupt die wahren Gründe ihrer Flucht – werden überwiegend nicht gesehen. Diese negativen Konsequenzen blenden Neider aus. Sie nehmen im materiellen Besitz des anderen nur wahr, was sie selbst entbehren. Vielleicht das Handy des Flüchtlings, was sein einzig verbliebener „Draht“ zu Familie und Heimat ist, oftmals voll mit Fotos einer vergangenen besseren Zeit.

Bei anderen Menschen sehe ich immer nur das Gute, bei mir nur das Minderwertige. Die Folgen des Neids sind Verschlagenheit und Hinterhältigkeit. Neid ist vorzüglich geeignet, von den eigenen Fehlern abzulenken. Das Mißvergnügen über sich selbst wird auf die anderen projiziert. Schmeichelei und Neid treten oft gepaart auf. Demagogen wecken oft Neidgefühle, um selbst mehr Macht zu gewinnen.

Und nicht zuletzt schlägt der Neid unter dem Begriff „Mobbing“ in unseren Zeiten ganz neue Wurzeln mit verheerenden Auswirkungen für die Betroffenen – und das sind immerhin schon über 10% der aller Erwerbstätigen und fast jeder dritte Schüler. Die Folgen sind Müdigkeit, Apathie, Flucht in die Passivität; Realitätsverweigerung, Konsumhaltung gegenüber Fernsehen und Computer, – aber auch vermehrt Allergien, Migräne, Bauchschmerzen, Ängste, usw. Wo Menschen an den Rand der Gesellschaft gedrückt werden oder sich in Ausnahmesituationen wiederfinden, kann sich die dadurch aubauende Frustration auch in spontaner Aggression entladen. Das sog. “Platzhirschgehabe” oder “Stutenbeißen” gelten als erste warnende Anzeichen.

Im Bezug auf die Asyldebatte und derzeitige Flüchtlingskrise wären wir also gut beraten, den Betroffenen jene Hilfe zukommen zu lassen die sie brauchen. Auf die Nachholung der engeren Familie, wie im Asylgesetz vorgesehen, darf, angesichts oben genannter Ausführungen, nicht verwehrt werden. Die Deeskalation der Situation hat oberste Priorität – und diese gewinnt man sicher nicht mit Neid und Missgunst.

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